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21. Januar 2022

Storytelling: Was macht eine Wirkungsgeschichte zu einer guten Geschichte?

  • Innovation

Geschätzte Lesedauer: ca. 6 Minuten

Wie überzeugt man andere von seinem Herzensprojekt? Mit gelungenem Storytelling. Expert:innen geben Euch Tipps, wie Ihr Eure Zielgruppe und die Fördergeber:innen überzeugen könnt und Eure Visionen klarmacht.  

Ein großes Thema des Innovationspanels „Social Impact“ im Rahmen der MINT-Aktionswoche von MINTvernetzt Ende November 2021: Storytelling (zu Deutsch: Geschichten erzählen). Diese Kommunikationsmethode wird zur Vermittlung von Informationen, Wissen, Werten oder Meinungen genutzt und kann zum Beispiel über Text, Bild, Videos oder Sprache erfolgen. Das Ziel: nicht emotionale Inhalte, wie zum Beispiel Daten aus Statistiken, so in Geschichten zu verpacken, dass Interesse und Begeisterung geweckt werden.  

Wie schafft man es, seine Zielgruppe zu erreichen? Welche Formate funktionieren, um Kinder und Jugendliche anzusprechen? Wie kann man Fördermittelgeber:innen überzeugen? Während der digitalen Veranstaltung haben wir ganz viele Antworten auf diese Fragen bekommen – von Expert:innen, die als Vertreter:innen eines MINT-Projekts oder einer Kommunikationsagentur von ihren Erfahrungen berichteten.  

Das sind die sechs wichtigsten Storytelling-Erkenntnisse unserer Expert:innen 

1. Zitate und Anekdoten sind wertvoll! 

Dr. Sina Muster ist Teamlead Wirkungsmessung bei Acker e. V., einem Bildungsprogramm, das mehr Wertschätzung für Natur und Lebensmittel in der Gesellschaft erzeugen möchte. Ihr Aha-Erlebnis im Bereich Storytelling: „Für die Botschaft, die man vermitteln möchte, ist nichts wichtiger als die Storys, die durch die Programme entstehen. Diese Zitate und Anekdoten sammeln wir fleißig in einer Datenbank.“ Es sei so wertvoll, von Anfang an alles Mögliche aufzuheben, weil man das wunderbar in Berichten oder auch auf Social Media nutzen könne, um seine Herzensbotschaft zu vermitteln.  

2. Mut zur Fehlerkultur! 

Christina Luger ist Projektmanagerin Bildung der Vector Stiftung. Sie berichtet, dass man dort bei einem Vorgängerprojekt ihres Programms „Mkid – Mathe kann ich doch!“ gemerkt hätte, dass die Zielgruppe nicht erreicht wird. „Man muss sich das dann auch eingestehen können!“, sagt sie. „Wir haben unseren Fehler eingesehen und dann das pädagogische Konzept komplett geändert.“ 

Sie kann auch aus der Perspektive eines Fördermittelgebers berichten: „Uns ist die Kommunikation auf Augenhöhe wichtig. Welche Wirkung ist intendiert, wie soll sie bei der Zielgruppe erreicht werden und wie wird der Erfolg gemessen?“ Auch Fehler seien erlaubt und sollten offen besprochen werden: „Nur Mut zur Fehlerkultur und zur Transparenz! Denn so können wir mitlernen und an den Erfahrungen der Organisationen partizipieren.“  

3. Gezielt ansprechen statt breit streuen! 

Alexandra Schade, Kampagnenleitung bei der Kommunikationsagentur familie redlich, hat im Laufe der Zeit festgestellt, dass das Gießkannenprinzip – breit streuen und alle damit erreichen wollen – nicht immer das Richtige für erfolgreiches Storytelling ist.  

Beispielsweise würde sie inzwischen darauf verzichten, Pressemitteilungen an einen großen Verteiler rauszuschicken: „Das ist vergebene Liebesmüh. Jetzt schauen wir eher lokal und nutzen beispielsweise die Gewinner:innen von Wettbewerben dazu, Vorbilder und Identifikationspunkte zu schaffen.“ So erreiche man zwar von der Masse her weniger, aber die Wirkung sei unter Umständen größer. 

4. Sich mit den eigenen Zielen auseinandersetzen! 

Teresa Moll ist Programm-Leiterin im Bereich Bildung der Körber-Stiftung und hat dort die MINT-Qualitätsoffensive mit aufgebaut: „Ich habe dort die Aufgabe, das Thema Qualität und Wirkung den außerschulischen Lernorten nahezubringen.“ Sie rät, noch bevor man sich mit passendem Storytelling beschäftigt, „sich hinzusetzen und sich ernsthaft Gedanken zu machen, über das, was man den ganzen Tag im Projekt so tut“. Die Ziele und auch die Zielgruppe müssten so klar definiert sein, dass man darauf aufbauen kann.  

5. Unterschiedliche Formate für unterschiedliche Zielgruppen denken! 

Thomas Wipf arbeitet bei der Kommunikationsagentur familie redlich in der Konzeption und ist Experte im Bereich Storytelling. Je nach Zielgruppe werden dort unterschiedliche Formate benutzt. Hier ein paar Beispiele:  

  • sehr kompakte, einfach gehaltene animierte Erklärfilme, die etwa für eine MINT- oder Alphabetisierungskampagne produziert werden 
  • (animierte) Fotostorys auf Social Media über echte Geschichten, die andere ermutigen sollen 
  • Dokumentationen, über die man sich Personen annähert 
  • Cartoons (animierte oder Ein-Bild-Gags) 
  • edukative Games 

Beim Storytelling nicht überperformen! 

Eine weitere Erkenntnis aus dem Erfahrungsschatz von Thomas Wipf von familie redlich: „Man sollte nicht nur überlegen, was die Zielgruppe ansprechen könnte, sondern in welchem Kontext sie etwas nutzt und wie.“ Das erklärt er an einem Beispiel: Für eine riesige Lernplattform wurden von der Agentur Schulinhalte als eine Art Nachhilfe aufbereitet. Mit Storytelling sollte der Content für die Schüler:innen attraktiv gemacht werden, damit sie ihren Schulalltag auch einmal anders erleben können.  

„Bei einer Evaluation kam heraus: Den Kindern und Jugendlichen war das ganze Drumherum mit dem Storytelling viel zu viel“, berichtet Wipf. „Die wollten einfach nur schnell ihre Hausaufgaben machen.“ Sie fühlten sich durch das Storytelling abgelenkt und aufgehalten. Im außerschulischen Bereich sei das ganz anders: Da würde Storytelling die Herzen öffnen.  

Dasselbe gelte im Bereich Social Media: Auch hier sei es nicht nötig, alle möglichen Kanäle (wie YouTube, TikTok, Twitter, Facebook, LinkedIn oder Instagram) mit den unterschiedlichsten Storytelling-Formaten zu bespielen. Besser solle man sich die Frage stellen: Wo hält sich meine Zielgruppe wirklich auf? Und dann gezielt dort agieren. Und zwar immer authentisch und nicht belehrend. 

Diese sieben allgemeingültigen Schritte brauchen gutes Storytelling 

In einer kreativen Ideenwerkstatt haben die Mitglieder des Plenums gemeinsam Strategien zum Thema Storytelling erarbeitet. Dieser Leitfaden, wie man in sieben Schritten eine gute Geschichte erzählt, ist eines der wertvollen Ergebnisse: 

  1. Ziel definieren: Was möchte ich mit dem Storytelling erreichen? 
  2. Zielgruppe definieren: Wen genau möchte ich mit dem Storytelling ansprechen? 
  3. Zielgruppe analysieren: Wer ist meine Zielgruppe genau? Wie sieht ihr Alltag, wie sehen ihre Interessen aus? Welche Social-Media-Kanäle benutzt sie? 
  4. Umfeld analysieren: Was gibt es schon für Geschichten? 
  5. Rahmenbedingungen abklopfen: Was habe ich für ein Budget? Wie ist mein Team aufgestellt? 
  6. Kernideen entwickeln: Welche ein oder zwei Ideen möchte ich umsetzen? 
  7. Geschichte in einem Satz formulieren können: Was macht mein Projekt wirklich aus?