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15. Februar 2022

Deutsche Bahn, Airbus & Co.: wie diese Paktmitglieder mehr Frauen für MINT-Berufe begeistern

  • Gender

Geschätzte Lesedauer: ca. 10 Minuten

Nach wie vor sind Frauen in MINT-Berufen völlig unterrepräsentiert. Das zu ändern, ist das große Ziel des Nationalen Pakts für Frauen in MINT-Berufen. Sechs Paktmitglieder berichten, wie sie sich für Veränderung starkmachen.

Wer steckt hinter dem Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen?

Über 300 Namen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Medien, Verbänden und Sozialpartnern stehen hinter dem Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen. Gemeinsam setzen sie sich mit neuen, spannenden Angeboten und Maßnahmen unermüdlich dafür ein, das Interesse von jungen Frauen an MINT zu wecken. Mentoring, Projekttage, Berufsberatung und mehr sollen dabei helfen, das Image von Jobs aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik nachhaltig zu verbessern und ihre gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu verdeutlichen.

Denn Handlungsbedarf ist nach wie vor da: Nur 34,2 Prozent der Studienanfänger:innen im MINT-Bereich sind weiblich. Der Anteil der Frauen in MINT-Berufen liegt bei gerade einmal 15,4 Prozent (Stand: 2020).

Die Ziele des Pakts sind deshalb …

  • Schülerinnen frühzeitig zu fördern.
  • den Frauenanteil an Auszubildenden im MINT-Bereich zu erhöhen.
  • den Anteil der Studienanfängerinnen in MINT-Fächern zu steigern.
  • den Frauenanteil an Neueinstellungen im MINT-Bereich zu erhöhen.
  • den Anteil von Frauen an Führungspositionen in der Wissenschaft zu steigern.
  • den Frauenanteil an Führungspositionen in den beteiligten Unternehmen deutlich zu erhöhen.

Übrigens: Gegründet wurde das unternehmensgetriebene Netzwerk bereits 2008 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Seit September 2021 ist der Pakt in die Service- und Anlaufstelle MINTvernetzt integriert.

Konkrete Maßnahmen: So werden sechs Paktmitglieder aktiv

Wir stellen Euch sechs Paktmitglieder aus großen Konzernen, Medienunternehmen und Hochschulen genauer vor. Sie verraten uns, wie der Stand der Dinge in ihrer Firma ist – und was dort auf der operativen Projektebene getan wird, um mehr Frauen für MINT-Berufe zu begeistern.

Annemarie Zunft von der Deutschen Bahn: „30 Prozent Frauen in der Führung ist unser Ziel!“

Das macht Annemarie Zunft bei der Deutschen Bahn: Sie ist seit kurzem Referentin bei den Grundsätzen für die Nachwuchskräfte. Davor hat sie im operativen Bereich Nachwuchskräfte rekrutiert – sowohl Auszubildende als auch Studierende.

So ist der Status quo: Es gibt noch so viel mehr Berufe bei der Deutschen Bahn als Lokführer:in und Zugbegleiter:in, etwa 500. Zusätzlich rund 50 Ausbildungsberufe und 25 duale Studiengänge, die meisten davon technisch. Und hier werden weiterhin viele Frauen gesucht. Die rund 50.000 Kolleginnen bei der DB in Deutschland machen aktuell gut 23 Prozent der Beschäftigten aus.

Da will die Deutsche Bahn hin: Die DB will den Frauenanteil im Konzern deutlich steigern, für weibliche Führungskräfte lautet das Ziel: 30 Prozent bis 2024. Ein hoher Frauenanteil in Spitzenpositionen ist nicht nur aus Gründen der Gleichberechtigung geboten, sondern zahlt sich auch als Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen aus. Die Deutsche Bahn will Frauen in die Schlüsselpositionen bringen, in denen sie ihre Fähigkeiten mit der stärksten Strahlkraft einsetzen können und dem Unternehmen den größten Mehrwert bringen. „Als Unternehmen können wir es uns nicht leisten, das Potenzial von 50 Prozent der Bevölkerung zu verschenken“, sagt Annemarie Zunft. Die DB ist auch überzeugt davon, dass gemischte Teams erfolgreicher arbeiten.

Mit diesen Maßnahmen wirbt die Deutsche Bahn für mehr Frauen in MINT-Berufen: Durch verschiedene Aktionen, wie zum Beispiel große Recruiting-Events rund um den Weltfrauentag im März eines jeden Jahres, spricht die Deutsche Bahn gezielt Frauen über alle Zielgruppen hinweg an. Dabei versucht die DB auch generell als Arbeitgeberin – so nennt sie sich ganz offiziell seit März 2021 – für Frauen attraktiver zu werden, zum Beispiel durch flexible Arbeitszeitmodelle, interne Mentoring-Programme und Diversity-Trainings für Führungskräfte sowie Personaler:innen. Ein Pool aus Mitarbeiterinnen, die als Ingenieurinnen oder Meisterinnen arbeiten, will über ein Praktikantinnen-Programm junge Frauen von ihrem MINT-Job begeistern.

Andre Itjes von der Bundesagentur für Arbeit: „Wir fördern gendersensible und klischeefreie Berufsberatung!“

Das macht Andre Itjes bei der Bundesagentur für Arbeit: Er arbeitet beim Stab Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Dort wird das Thema MINT über alle Ebenen hinweg begleitet – sowohl zentral als auch regional und lokal.

Da will die Bundesagentur für Arbeit hin: Das Ziel ist klar definiert: Mädchen und Frauen sollen von MINT-Berufen begeistert und in diesen in Ausbildung gebracht werden.

Mit diesen Maßnahmen wirbt die Bundesagentur für Arbeit für mehr Frauen in MINT-Berufen: Spezielle MINT-Botschafter:innen in den Regionaldirektionen betreuen Netzwerke, begleiten Initiativen und zeigen alles auf, was die BA auf diesem Feld tut. Unterstützung bekommen sie dabei von den Berufsberater:innen vor Ort, denen die gendersensible und klischeefreie Berufsberatung obliegt und die die Berufsorientierungsmaßnahmen durchführen.

Marita Lewening vom ZDF: „Der Girls’Day bringt eine Veränderung im Bewerbungsverhalten!“

Das macht Marita Lewening beim ZDF: Sie ist Gleichstellungs- und Diversity-Beauftragte des ZDF in Mainz.

So ist der Status quo: Im Unternehmen gibt es neben dem publizistischen Bereich auch einen großen Technikbereich. Und dieser war und ist immer noch sehr von Männern geprägt. Es sei noch nicht signifikant gelungen, dort mehr Frauen zu etablieren. Das gelte ganz besonders für die Ingenieursberufe. Dort sind die Frauen am stärksten unterrepräsentiert. Erfolgreich ist das ZDF dagegen im Bereich der Führungskräfte: Seit 2010 gibt es drei neue Führungsfrauen in der Technik.

Da will das ZDF hin: Mehr Frauen in führenden Positionen und mehr Frauen allgemein in MINT-Berufen – dafür kämpft die Gleichstellungsbeauftragte.

Mit diesen Maßnahmen wirbt das ZDF für mehr Frauen in MINT-Berufen: Seit 2007 ist das ZDF beim Girls’Day, einem bundesweiten, jährlich stattfindenden Mädchen-Zukunftstag, dabei. Der wurde im vergangenen Jahr umgestellt vom „Hands on“-Fernsehmachen zu einer digitalen Veranstaltung. Die Erfahrung zeigt, so Lewening, dass sich über diesen Aktionstag eine Veränderung im Bewerbungsverhalten von jungen Frauen feststellen lässt: Hinterher würden sie sich intensiver mit technischen Berufen auseinandersetzen. Das drückt sich nicht nur in den Bewerbungszahlen aus, sondern auch ganz konkret beim Frauenanteil unter den Azubis.

Mareike Witte von Airbus: „Die Förderungen müssen möglichst früh beginnen!“

Das macht Mareike Witte bei Airbus: Sie arbeitet im Ingenieurwesen in der Digitalisierung. Seit 2019 engagiert sie sich im Rahmen der Sustainable Development Goals bei Airbus im Bereich Gender Equality.

So ist der Status quo: Bei Airbus gibt es viel zu wenige Frauen, so Witte. Im Ingenieursbereich des Luft- und Raumfahrtkonzerns arbeiten in Deutschland lediglich 16,2 Prozent Frauen. In Spanien ist die Lage etwas besser: Dort sind 22,1 Prozent der Beschäftigten weiblich. In Frankreich sind es 21,2 Prozent, in England 13 Prozent.

Da will Airbus hin: Es soll eine bessere Balance zwischen Männern und Frauen in den technischen Bereichen geschaffen werden.

Mit diesen Maßnahmen wirbt Airbus für mehr Frauen in MINT-Berufen: Die Airbus-interne Initiative „Balance for Business“ organisiert verschiedene Aktionen und bietet beispielsweise ein Mentoring-Programm an. Unser Veranstaltungsformat „Airbus MINT-Club“ ist speziell auf MINT-interessierte Frauen ausgerichtet und es wird direkt auf die Absolventinnen von MINT-Ausbildungen und -Studiengängen zugegangen. Ein entscheidendes Learning: Die Förderungen müssen möglichst früh beginnen – bestenfalls schon im Kindergarten –, damit diese Branche als Möglichkeit von Anfang an präsent ist.

Monika Rubbert von Ford: „Wir arbeiten ganz stark über Rollenvorbilder!“

Das macht Monika Rubbert bei Ford: Sie ist im Ausbildungszentrum von Ford Teamleiterin für Auszubildenden-Marketing und Öffentlichkeitsarbeit.

So ist der Status quo: Die Frauenquote in MINT-Berufen schwankt zwischen zwölf und 20 Prozent.Auch bei Ford sind die Anstrengungen, mehr Frauen in MINT-Berufe zu bringen, ein sehr langfristiges Thema, berichtet Monika Rubbert: Mit jedem Schuljahrgang müsse neu gestartet werden, die nach wie vor vorherrschenden gesellschaftlichen Stereotype beiseitezuschieben.

Da will Ford hin: Über die Berufsausbildung und duale Studiengänge soll der Anteil der Frauen in den technischen Berufsfeldern beim Autobauer signifikant erhöht werden.

Mit diesen Maßnahmen wirbt Ford für mehr Frauen in MINT-Berufen: Bereits seit 22 Jahren ist die Initiative „FiT – Frauen in Technik“ in die Diversity-Strategie von Ford eingebunden, die gelebter Bestandteil der Unternehmenskultur ist. Es wird über Einblicke in die technische Berufswelt und über Mitmach-Aktionen versucht, Schülerinnen dazu zu bewegen, überhaupt einmal einen technischen Beruf in Betracht zu ziehen. Außerdem wird stark über Rollenvorbilder gearbeitet: Alle Maßnahmen werden begleitet von Ingenieurinnen, dualen Studentinnen oder Auszubildenden, die ganz natürlich zeigen, dass Frauen und Technik wunderbar zusammenpassen.

Beim Girls’Day haben jedes Jahr bis zu 400 Mädchen die Möglichkeit, die Ford Produktentwicklung, die Fahrzeugfertigungen oder das Forschungszentrum zu besuchen. Hinzu kommen Ferienpraktika, die „Girls only“ sind – im handwerklichen Bereich und im Ingenieursbereich. Dadurch werden die Berufsbilder sehr viel klarer für die jungen Frauen. Haben sie sich für einen MINT-Beruf bei Ford entschieden, gibt es einen Mädchenstammtisch, der für Vernetzung untereinander sorgen soll.

Andrea Dederichs-Koch von der Universität Siegen: „Netzwerke sind äußerst hilfreich!“

Das macht Andrea Dederichs-Koch: Sie unterrichtet verschiedene Fächer, insbesondere Technische Systeme und Digitalisierung, Computer Aided Design sowie Robotik und wissenschaftliches Arbeiten in den Bachelor- und Master-Studiengängen des Wirtschaftsingenieurwesens und im Bachelor-Studiengang des Maschinenbaus. In Kooperation mit dem Lehrstuhl für Technikdidaktik am Berufskolleg an der Universität Siegen forscht sie zur partizipativen Gestaltung der Mensch-Maschine-Interaktion, ist Roberta-Coach der Roberta-Initiative und kooptiertes Vorstandsmitglied der Ingenieur-Pädagogischen Wissenschaftsgesellschaft.

So ist der Status quo ihrer Arbeit: Frauen sind leider in den Ingenieurwissenschaften immer noch unterrepräsentiert. Dies zu ändern ist ihr Hauptanliegen.

Da will sie mit ihrer Arbeit hin: Ihr Ziel ist es, möglichst viele technische Talente zu entdecken, zu unterstützen und ihr Potenzial mit Hilfe von Robotern als motivierendem Lernmedium zu entwickeln. Dafür Zugangsmöglichkeiten zu schaffen, ist insbesondere in der aktuellen Situation der Corona-Pandemie noch wichtiger geworden und gestaltet sich entsprechend schwierig. Deshalb versucht sie, digitale Angebote zu entwickeln.

Mit diesen Maßnahmen wirbt Frau Dederichs-Koch für mehr Frauen in MINT-Berufen: Sie unterstützt Schülerinnen und bestärkt sie, wenn sie sich für einen technischen Beruf oder ein technisches Studium entscheiden. Während des Studiums und auch im Berufsleben berät sie zu Strategien und Durchsetzungsmöglichkeiten, um den eigenen Weg gehen zu können. Netzwerke sind äußerst hilfreich, um sich in technischen Bereichen zu positionieren, (informelle) Widerstände zu überwinden und sich darüber hinaus wohlfühlen zu können. Letzteres ist, so Dederichs-Koch, für Frauen der wichtigste Faktor, den eigenen Lebensweg zu gestalten und im Berufsleben erfolgreich sein zu können.

Ihr wollt mehr über den Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen wissen? Weitere Informationen findet Ihr unter https://mint-vernetzt.de/pakt/.